
Verkaufen wie ein Profi
„Ich sage einfach mal, wir Deutschen sind ein Volk von Dichtern, Denkern und Ingenieuren, weniger von Vertriebsleuten. Wir Deutschen sind richtig gut. Ich glaube, uns ist manchmal gar nicht bewusst, wie gut wir sind. Wir melden jedes Jahr von Deutschland aus zwischen 25000 und 30000 Patente an“, erzählt Vertriebsexperte Klaus Fink begeistert seinem Publikum in der Tafelhalle Nürnberg. „Wenn es aber darum geht, andere zu überzeugen, da können wir noch zulegen.“
Wer hat das Telefon erfunden? Philipp Reis. Wer hat es zum Durchbruch geschafft? Graham Bell. Ein Deutscher hat die Glühbirne erfunden. Zum Durchbruch kam es über Edison. Wir haben das Automobil erfunden, zum Durchbruch kam es eigentlich mit Henry Ford. Die Liste ist unendlich. Ist das nicht schade?
In Deutschland wird Verkaufen negativ assoziiert. Der Beruf hat bei uns ein extrem schlechtes Image. Das ist eine Prägung, die wir in Mitteleuropa haben. In der USA bekommt man soziale Anerkennung für die Tätigkeit des Vertriebs. Laut Fink haben die Amerikaner eines verstanden: Du kannst das beste Produkt oder die beste Dienstleistung haben. Wenn du niemanden hast, der mit anderen drüber spricht, hast du nichts. „Viele sagen die Amerikaner haben immer so eine aufgesetzte Freundlichkeit“, grinst Fink. „Lieber ne aufgesetzte als gar keine. Niemand kauft gerne bei einer Hackfresse.“ Wir sollten uns also ein bisschen was von den Amerikanern abschauen. Wir sind da manchmal zu vornehm und hart.
Was heißt Verkaufen?
„Verkaufen ist Umgang mit Menschen“, erklärt es der Speaker. „Wenn zwei Menschen sich unterhalten, will der eine dem anderen etwas verkaufen oder ihn von etwas überzeugen.“ Zum Beispiel willst du dein Kinder überzeugen, Hausaufgaben zu machen. Oder du willst deinen Kumpel zu einem Barabend überreden.
Laut Fink ist Verkaufen die normalste Sache der Welt. Wir müssen das neutraler sehen und nicht gleich negativ assoziieren. Die Methoden zum Überzeugen sind neutral. „Ein Messer ist ein Messer“, meint Fink. „Sie können mit einem Messer jemanden erstechen oder jemandem etwas zu essen zubereiten. Die Frage stellt sich immer in der Form des Ziels.“ Das bestimmt jeder selbst.
Viele, die im Verkauf tätig sind, bezeichnen sich lieber als Berater. Das klingt vornehmer. Was ist der Unterschied zwischen beraten und verkaufen? Berater werden nach Zeiteinheiten bezahlt. Verkaufen geht auf Zielsetzung, auf Erfolg.
Wir Menschen sind stolz auf unser Wissen. Aber wenn du jemanden überzeugen willst, wirst du mehr nach dem Verhalten bewertet. Trotzdem ist Wissen wichtig. „Denn wenn eine Frage kommt und sie sagen ‚habe ich noch nie gehört‘, dann haben sie Kompetenzverlust“, sagt der Vertriebsexperte. Jedoch müssen wir aufpassen, dass wir nicht zu viele Fachbegriffe verwenden. Oft kennen sich Kunden mit unserem Fachgebiet nicht aus und verstehen die Begriffe nicht. Aus Angst, blöd dazustehen, fragen sie nicht nach.
Verhalten ist sehr schwer messbar. Im Verhalten zählt zum Beispiel Sympathie. Hier spielt das äußere Erscheinungsbild eine große Rolle. Bei einem Pfarrer, Chirurg oder Lokführer haben wir alle dasselbe Bild im Kopf. „Wie sieht jemand in ihrer Branche aus?“, fragt Fink. „Halten sie sich nicht an dieses Bild, was schon existiert, brauchen sie extrem viel mehr Energie, um zu überzeugen.“ Auch die Stimme spielt eine Rolle. „Eine Stimme, die tief und langsam spricht wird eher als Wahrheit empfunden als eine, die schnell und hoch spricht“, erklärt der Speaker. Stimmbänder kann man übrigens trainieren. Außerdem ist Zuverlässigkeit wichtig. Wenn du Termine nicht einhältst, wird man dir folgende Terminangaben nicht mehr glauben. Lieber ehrlich sein und absagen.
Vier Faktoren für mehr Überzeugungskraft
1) Die richtige Einstellung
Gute Verkäufer unterscheiden sich von mittelmäßigen weniger durch eine andere Argumentation, sondern durch die Einstellung. „Ich erspare ihnen positive Denkweise“, lacht Fink. „Schaffen sie es neutral an eine Situation zu gehen und nicht gleich alle Vorurteile zuzulassen.“ In jeder Branche gibt es beispielsweise unangenehme Kunden. Vielleicht sollten wir diese einfach als Übung sehen. Wenn wir mit ihnen zurecht kommen, schaffen wir es mit normalen Kunden erst recht.
„Was man tut, wenn man sich im Verkauf bewegt, geht gegen die Natur des Menschen“, sagt Fink. Wir Menschen wollen Liebe, Anerkennung und Zuneigung. Aber wenn wir andere Menschen überzeugen oder etwas verkaufen wollen, werden wir immer mehr Misserfolg haben als Zustimmung. Daran scheitern viele. Der Umgang mit dieser Zurückweisung unterscheidet den Profi vom Amateur.
Fink ist ein großer Fan von höflicher Hartnäckigkeit. „Ich kann ihnen nicht sagen, ab wann es Belästigung wird“, scherzt der Speaker. „Aber oft sind wir viel zu vorsichtig.“ Wir sind zu brav in der Durchsetzung unserer Ziele. Wie oft hast du etwas nicht erreicht, weil du zu früh aufgegeben hast? Menschen und Kunden wollen erobert werden.
2) Identifikation
Wir müssen uns identifizieren mit dem, was wir tun oder erreichen wollen. Das ist ein Prozess, wirklich dahinter zu stehen. Es dauert. Aber ohne das, ist alles nichts. Wenn du etwas mit Leidenschaft tust, bedeutet das auch, dass dir deine Tätigkeit mal Leiden beschafft. Trotzdem machst du nach einer Niederlage wieder weiter. „Diese Extreme durchzuhalten, Erfolg und Misserfolg, schaffst du nur, wenn du mit Leidenschaft und Begeisterung dabei ist“, meint Fink.
Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen. (Augustinus Aurelius)
3) Marketingstrategie
Fink nennt hier das Empfehlungsmarketing. Der direkte Zugang zu Kunden wird immer schwieriger. „Früher haben Plakate und Flyer ausgereicht, um neue Kunden zu gewinnen“, sagt der Speaker. „Heute kriegen sie Kunden nur noch durch bereits vorhandene Kunden, die sie empfehlen.“ Wir müssen uns also um die Kunden, die wir haben, kümmern und sie besser an uns binden. Die Menschen in unserem Umfeld müssen nicht nur zufrieden, sondern begeistert sein. Wir müssen mehr tun als andere erwarten. Das ist oft gar nicht so schwer.
Des Weiteren ist es wichtig, Zahlen festzuhalten. Viele Menschen wissen nicht warum sie erfolgreich sind oder was sie ändern müssen, um erfolgreicher zu werden. Fink rät eine kleine Statistik anzulegen: „Es geht dort um Aktivität, nicht um Zeit. Wie oft habe ich etwas unternommen?“
4) Kommunikationsregeln
Aufgrund des Egoismus, der in uns Menschen steckt, formulieren wir fünf bis sieben Mal pro Minute die Worte: ich, mir, meiner, mich, wir, unserer. Das meist genutzte Wort ist das Wort ‚ich‘. „Wollen sie andere besser überzeugen, versuchen sie stärker im Sie-Standpunkt zu kommunizieren“, fordert Fink. „Das ist zuhörer-orientiert.“ Im Sie-Standpunkt stellst du dich zurück und den anderen in den Fokus.
Es gibt nur wenige Dinge, die nicht funktionieren. Die Schwierigkeit ist, das authentisch rüberzubringen. Es dauert einige Wochen oder Monate bis du das verinnerlicht hast. Aber es reicht schon diese Methode zu 30 oder 40% zu beherrschen. Mit jedem ‚Sie‘ erhöhst du die Sympathie und die Aufmerksamkeit der anderen. „Mit jeder Sie-Botschaft beantworten sie eine unterschwellige Frage“, erklärt Fink. „Was habe ich davon, wenn sie das machen?“
Jede Regel hat natürlich Ausnahmen. Viele Menschen sagen: „Sie haben das missverstanden. Sie haben einen Fehler gemacht.“ Konfrontation bringt uns nicht weiter. Da macht es laut Fink Sinn, öfters zu sagen: „Sorry, da hab ich mich undeutlich ausgedrückt. Da war ich wohl zu schnell.“ Wenn du von einem Kunden angemault wirst, nehme ihn in seiner Skepsis an. Zeige Verständnis für seine Situation. Ansonsten wirst du dein Verkaufsziel nicht erreichen.
Außerdem solltest du versuchen, geschlossene Fragen zu vermeiden. Geschlossene Fragen kann man nur mit ‚JA’ oder ‚NEIN’ beantworten. Stelle offene Fragen. „Hast du heute noch was vor?“, gibt Fink ein Beispiel. „Keiner sagt nein.“
Quelle: Klaus J. Fink zum Thema Überzeugungskraft – NN-ExpertenForum 2018
Bilder: Lilien Wege; Anna Neubauer

